Währenddem die Herstellung, der Handel sowie der Konsum von CBD-Blüten, CBD-Öl und sonstigen Cannabisprodukten mit einem THC-Gehalt von <1% THC in der Schweiz schon seit vielen Jahren etabliert sind, hat das geltende Verbot von Cannabis mit einem THC-Gehalt von >1% THC zu nicht-medizinischen Zwecken weder zu einer Verringerung des Konsums noch zu einem besseren Gesundheitsschutz geführt. Der Bundesrat spricht sich für eine evidenzbasierte Weiterentwicklung der Cannabispolitik aus: Für eine legale Abgabe empfiehlt er strenge Auflagen, denn diese darf nicht zu einer Kommerzialisierung und Förderung des Konsums führen.
Unbefriedigend – so lautet häufig das Fazit der aktuellen Situation im Umgang mit Cannabis bzw. THC in der Schweiz. Diesem Fazit schliessen sich Akteure aus verschiedenen Bereichen an: Wissenschaft, Gesundheitsbehörden, Justiz und Suchtfachleute. Auch der Bundesrat teilt diese Einschätzung.
Unbefriedigend ist die Situation auf mehreren Ebenen. Obwohl Cannabis mit einem THC-Gehalt von einem Prozent (und mehr) in der Schweiz weiterhin verboten ist, stagniert der Konsum auf hohem Niveau. Vor allem bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen ist der Konsum verbreitet. Diese Altersgruppe ist besonders gefährdet, kann jedoch auf dem Schwarzmarkt problemlos Cannabisprodukte kaufen. Auf der anderen Seite werden auch risikoarm konsumierende Erwachsene durch das Verbot kriminalisiert
Der Schwarzmarkt birgt für die Konsumierenden gesundheitliche Risiken. So zeigt sich in beschlagnahmten Proben, dass Cannabis etwa durch Schwermetalle, Schimmel oder Streckmittel verunreinigt sein kann. Auch wissen die Konsumierenden nicht genau, wie viel THC in einem Produkt enthalten ist.
Während mit dem illegalen Verkauf von Cannabis erkleckliche Umsätze von mehr als einer halben Milliarde Franken jährlich erzielt werden, die unversteuert bleiben, kommt die Gesellschaft für die Kosten des Konsums auf. Und die Strafverfolgung bindet Ressourcen bei Polizei und Justiz.
Teilweise unverständliche Rechtslage
Unbefriedigend ist auch, dass die aktuelle Rechtslage zu Cannabis bzw. THC teilweise zu unterschiedlichen Auslegungen führt und nur bedingt nachvollziehbar ist. So wird in einigen Kantonen seit Langem nur der Konsum mit einer Ordnungsbusse von 100 Franken bestraft, in anderen wurde aber bis vor Kurzem auch der Besitz einer geringfügigen Menge gebüsst. Das Bundesgericht hat in einem Urteil im Jahre 2017 für Klärung gesorgt und festgehalten, dass der blosse Besitz von bis zu zehn Gramm Cannabis zum Eigenkonsum straffrei ist und damit auch nicht gebüsst werden darf.
Im Jahre 2023 hielt das Bundesgericht in einem weiteren Entscheid fest, dass eine geringfügige Menge an Cannabis von der Polizei auch nicht eingezogen werden darf, sofern sie nicht konsumiert wird. Dass eine nach wie vor verbotene Substanz nicht mehr konfisziert werden kann, hat in Polizeikreisen allerdings zu Unverständnis geführt.
Grundsätzlich legal sind in der Schweiz Hanfprodukte mit einem THC-Gehalt von weniger als einem Prozent. Dazu gehört auch Cannabidiol (CBD), das seit 2016 von findigen Produzenten als Cannabis «light» vermarktet wird. Als Tabakersatzprodukt können CBD-Blüten oder CBD-Hasch geraucht werden, aber ausgerechnet die in der Bevölkerung beliebteren und potenziell weniger schädlichen CBD-Tropfen bzw. CBD-Öle benötigen, sofern sie zur Einnahme bestimmt sind, entweder eine Zulassung als neuartiges Lebensmittel oder als Heilmittel. Um die hohen Hürden für solche Zulassungen zu umgehen, haben einige Hersteller jedoch ihre CBD-Produkte als Duftöl oder Rohstoff ohne Zweckbestimmung auf den Markt gebracht – obwohl die Produkte dann häufig doch eingenommen werden. Die Kantone gehen gegen falsche Anpreisungen von solchen CBD-Produkten unterschiedlich konsequent vor.
Parlament erkennt Handlungsbedarf
Die teilweise schwer zu durchschauende Rechtslage und der heterogene kantonale Vollzug haben Ständerat Thomas Minder dazu bewogen, ein Postulat zu «Rechtssicherheit bei Produktion, Handel und Gebrauch von Hanf und Cannabisprodukten» einzureichen, das an den Bundesrat überwiesen wurde. Der entsprechende Bericht wurde vom Bundesrat im November 2023 verabschiedet. Er kommt zum Schluss, dass ein umfassendes Hanfgesetz, welches alle möglichen Zwecke umfasst, nicht sinnvoll wäre, da die Verwendung von Hanfextrakten bereits in bestehenden Gesetzen geregelt ist.
Als Herausforderung wird im Bericht weniger die Rechtssicherheit im Umgang mit Hanf identifiziert, als vielmehr das Fehlen einer Produktekategorie zu rein «rekreativen Zwecken». Diese könnte sowohl THC-arme wie auch THC-haltige Hanfprodukte zum Genusskonsum umfassen.
Das Schweizer Parlament hat den Handlungsbedarf erkannt und im September 2020 eine gesetzliche Grundlage für die Durchführung von Pilotversuchen mit Cannabis zu rekreativen Zwecken beschlossen. Diese befristeten Studien können dazu beitragen, eine für die Schweiz passende Regulierung von Cannabis zu entwickeln. Einen Schritt weiter geht die parlamentarische Initiative von Heinz Siegenthaler «Regulierung des Cannabismarktes für einen besseren Jugend- und Konsumentenschutz». Sie fordert ein definitives Gesetz zur Schaffung eines legalen Cannabismarktes. Die Sozial- und Gesundheitskommissionen der beiden Räte sind 2021 auf das Anliegen eingetreten und das entsprechende Gesetzgebungsprojekt ist in Erarbeitung.
Neuregelung als Chance
Im Hinblick auf die parlamentarischen Bestrebungen zur Regelung eines legalen Cannabismarkts hat der Bundesrat in seinem Bericht aufgezeigt, wie ein solches Vorhaben umgesetzt werden könnte. Dabei stützt er sich auch auf die internationalen Erfahrungen bei der Regulierung von Suchtmitteln. Das Spektrum reicht von einer strikten Prohibition mit unkontrolliertem Schwarzmarkt bis zu einem weitgehend liberalisierten Markt ohne griffige Gesundheitsschutzmassnahmen (siehe Grafik). Zwischen diesen problematischen Extremen gibt es Ansätze der Entkriminalisierung, des nicht-gewinnorientierten Verkaufs und der strikten Marktregulierung, die sich in verschiedenen Ländern bewährt haben.
Daten aus den Pilotversuchen liegen für die Schweiz zwar noch nicht vor und es gibt auch international erst vereinzelt Erfahrungen mit legalen Cannabismärkten, jedoch lassen sich wichtige Erkenntnisse aus der Tabak- und Alkoholregulierung ziehen: Die wirksamste Massnahme zur Reduktion des Suchtmittelkonsums sind preisliche Massnahmen wie Lenkungsabgaben zur Verteuerung der Produkte. Danach kommen Massnahmen zum Passivrauchschutz, Werbeverbote, die Einschränkung der Verfügbarkeit, aber auch die Regelung der Produktequalität zum Verbraucherschutz.
Gestützt auf diese Erkenntnisse spricht sich der Bundesrat für eine evidenzbasierte und an der öffentlichen Gesundheit orientierte Neuregelung von Cannabis aus. Dabei gibt er zu bedenken, dass Cannabis nicht bagatellisiert werden darf. Bei einem sporadischen Konsum sind die gesundheitlichen Risiken verglichen mit anderen psychoaktiven Substanzen zwar eher gering. Bei hohem, langfristigem Konsum steigt aber die Wahrscheinlichkeit von psychischen Erkrankungen, etwa von Depressionen oder Angststörungen, oder von einer psychischen Abhängigkeit. Besonders gefährdet sind dabei Jugendliche. Aus Sicht des Bundesrates kommt dem Jugendschutz denn auch eine zentrale Bedeutung zu.
Wenn Cannabis geraucht wird, erhöht sich zudem das Risiko für Atemwegserkrankungen. Ein kontrollierter, legaler Zugang zu Cannabis kann jedoch zu einer besseren Aufklärung der Konsumierenden und einem risikoärmeren Umgang mit der Substanz führen. Cannabis sollte dabei weder gefördert noch übermässig kommerzialisiert werden. Der Bericht des Bundesrats empfiehlt deshalb, einen legalen Verkauf von Cannabis nicht-gewinnorientiert zu organisieren.
Definition Cannabis
Cannabis sativa – so lautet die botanische Bezeichnung der Hanfpflanze. Botanisch betrachtet ist «Hanf» und «Cannabis» das Gleiche. In der Praxis wird unterschieden zwischen THC-armem Nutzhanf zur Gewinnung von Hanfsamen und Speiseöl oder Pflanzenfasern, THC-armem Blütenhanf zur Gewinnung von Aromastoffen oder zur Herstellung von Tabakersatzprodukten (meist mit hohem CBD-Anteil) und THC-haltigem Drogenhanf oder Medizinalhanf, der auch für die Arzneimittelherstellung verwendet wird.
Rechtliche vs. botanische Definition
Während Hanf und Cannabis botanisch das Gleiche ist, gilt gemäss Betäubungsmittelrecht nur solcher Hanf als Cannabis, der ein Prozent und mehr THC enthält.
Quelle: Spectra, Ausgabe Nr. 139, Dez. 2023: Cannabispolitik – wie weiter?
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