Der Staatsrat von Frankreich erklärt den Erlass vom 30. Dezember 2021 für nichtig, welcher den Verkauf von Cannabisblüten und -blättern mit einem THC-Gehalt von weniger als 0,3 % verbietet. Die zuständige Behörde stellt fest, dass CBD über keine psychotropen Eigenschaften verfügt, nicht abhängig macht und deshalb nicht als Betäubungsmittel betrachtet werden kann. Der Staatsrat stellt weiter fest, dass es nicht erwiesen ist, dass der Konsum von Blüten und Blättern solcher Cannabissorten mit einem niedrigen THC-Gehalt eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit darstellt. Daher wurde das allgemeine und absolute Verbot betreffend Vermarktung solcher Produkte für rechtswidrig erklärt.
Das französische Gesetz über die öffentliche Gesundheit (Artikel R. 5132-86) verbot die Herstellung, die Vermarktung, den Besitz, den Kauf oder den Konsum von Cannabis (Blüten, Blätter, Harz und daraus hergestellte Produkte). Es sah aber vor, dass “der Anbau, die Einfuhr, die Ausfuhr und die industrielle und kommerzielle Verwendung von Cannabissorten, die keine betäubenden Eigenschaften haben”, unter gewissen Bedingungen genehmigt werden konnte.
Auf der Grundlage dieser Ausnahmeregelung erlaubte ein interministerieller Erlass vom 30. Dezember 2021 die Verwendung von Blüten und Blättern ausschliesslich von Cannabissorten mit einem THC-Gehalt von 0,3 % oder weniger zur Herstellung von Extrakten, die diesen Wert wiederum einhalten. Gleichzeitig verbot der Erlass jedoch den Verkauf von Blüten und Blättern “im Rohzustand” solcher Sorten an Endverbraucher, unabhängig von der Form des Endprodukts (Kräutertees, Öle, CBD-Kosmetika…).
Der Anfang 2022 in einem Eilverfahren angerufene Richter für einstweilige Verfügungen des Staatsrats hatte die Vollstreckung dieses Verbots mit einem Beschluss vom 24. Januar 2022 ausgesetzt. Der Staatsrat entschied am 29. Dezember 2022 in der Angelegenheit und hält das allgemeine und absolute Verbot der Vermarktung von Cannabisblättern und -blüten im Rohzustand mit niedrigem THC-Gehalt, d. h. ohne psychotrope Eigenschaften (<0,3%), für unverhältnismässig. Es hebt daher dieses Verbot, das durch den Erlass vom 30. Dezember 2021 festgelegt wurde, auf.
CBD hat keine psychotrope Wirkung und macht nicht abhängig
Die vom Staatsrat durchgeführten Abklärungen in der Sache ergaben, dass der Gehalt an CBD und THC zwischen den verschiedenen Cannabissorten sehr stark schwankt. Diese beiden Stoffe, CBD und THC, sind die wichtigsten Cannabinoide, die hauptsächlich in den Blüten und Blättern von Cannabis vorkommen, sind hinsichtlich Wirkung sehr unterschiedlich. Die von den Parteien vorgelegten wissenschaftlichen Daten haben gezeigt, dass CBD entkrampfende und entspannende Eigenschaften und eine krampflösende Wirkung hat, aber im Gegensatz zu THC keinerlei psychotrope Wirkung hat und nicht abhängig macht. So sind Cannabissorten mit einem niedrigen THC-Gehalt (<0,3%), nicht als Suchtmittel einzustufen.
CBD schafft kein Risiko für die öffentliche Gesundheit, dass ein allgemeines und absolutes Verbot rechtfertigt
Bei der Beurteilung der Rechtmässigkeit des Verbotsbeschlusses erinnert der Staatsrat zunächst daran, dass ein solches Verbot im Hinblick auf das verfolgte Ziel der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt sein und in einem angemessenen Verhältnis zu den Gesundheitsrisiken stehen muss, die von den so geregelten Stoffen ausgehen.
Er stellt fest, dass die Gesundheitsrisiken von den tatsächlich aufgenommenen THC-Mengen abhängig sind. Er urteilt, dass die Schädlichkeit der anderen in den Cannabisblüten und -blättern enthaltenen Moleküle, insbesondere CBD, nach dem Stand der wissenschaftlichen Daten nicht nachgewiesen ist.
Er schliesst aus den im Rahmen der Beweisaufnahme vorgelegten wissenschaftlichen Erkenntnissen, dass der Konsum von Blättern und Blüten von Cannabissorten mit einem THC-Gehalt von weniger als 0,3 % keine Risiken für die öffentliche Gesundheit schafft, die ein allgemeines und absolutes Verbot ihrer Vermarktung rechtfertigen würden.
Tests ermöglichen die Unterscheidung von Cannabissorten
Um das Verbot ihrer Vermarktung zu rechtfertigen, machte der Minister für Soziales und Gesundheit vor dem Staatsrat ausserdem geltend, dass die Inverkehrbringung von Blüten und Blättern von Cannabissorten ohne psychotrope Eigenschaften aufgrund ihrer Ähnlichkeit und Verwechselbarkeit mit Blüten und Blättern aus THC-dominanten Sorten von Cannabis, die betäubende Eigenschaften aufweisen, die Wirksamkeit der Drogenbekämpfungspolitik gefährden würde.
Der Staatsrat stellte jedoch fest, dass der THC-Gehalt von Blüten und Blättern ohne weiteres mithilfe von kostengünstigen Schnelltests kontrolliert werden kann, mit denen sich Sorten mit betäubenden Eigenschaften von den nicht betäubenden Sorten unterscheiden lassen. Der Staatsrat ist daher der Ansicht, dass die Wirksamkeit der Drogenbekämpfungspolitik kein stichhaltiges Argument sei, die Vermarktung von Cannabisblüten und -blättern im Rohzustand mit einem THC-Gehalt von weniger als 0,3 % zu verbieten.
Anders als in der Schweiz ist es in Frankreich jedoch nach wie vor unklar, unter welcher Produktekategorie Cannabisblüten mit einem tiefem THC-Gehalt vermarktet werden dürfen. Diesbezüglich besteht somit nach wie vor ein Graubereich, welchen es zu regulieren gilt.
Quelle: https://www.conseil-etat.fr/actualites/cbd-annulation-de-l-arrete-interdisant-la-vente-des-fleurs-et-feuilles-de-cannabis-sans-proprietes-stupefiantes
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